In der Welt der Selbstliebe und Achtsamkeit scheint es manchmal nur eine Regel zu geben: Immer positiv denken, egal was passiert. In sozialen Medien begegnen uns täglich Posts mit Hashtags wie #goodvibesonly, motivierenden Sprüchen und scheinbar grenzenlosem Optimismus. Doch was auf den ersten Blick inspirierend wirkt, kann auf den zweiten Blick toxisch sein. Willkommen im Thema Toxic Positivity – einem Phänomen, das besonders in der Selflove-Bubble kritisch zu betrachten ist.

Was ist Toxic Positivity?

Toxic Positivity beschreibt den Zwang, in jeder Lebenslage eine positive Einstellung zu bewahren – unabhängig davon, wie herausfordernd, belastend oder traurig eine Situation wirklich ist. Aussagen wie „Denk einfach positiv!“, „Kopf hoch, alles wird gut!“ oder „Es hätte schlimmer sein können“ sind typische Beispiele. Auch wenn sie oft gut gemeint sind, können sie negative Gefühle abwerten, unangenehme Gefühle verleugnen und Menschen in schwierigen Situationen das Gefühl geben, versagt zu haben, weil sie sich nicht „gut genug fühlen“.

Die toxische Positivität suggeriert, dass negative Emotionen zuzulassen Schwäche bedeutet. Dabei sind gerade Trauer, Wut, Angst oder Zweifel wichtige und konstruktive Gefühle. Sie helfen uns, Dinge zu verarbeiten, zu lernen und innerlich zu wachsen. Wenn wir diese jedoch ständig unterdrücken, verfallen wir in eine Art Verdrängung, die langfristig unserer psychischen Gesundheit schaden kann.

Wenn der Optimismus uns nicht immer guttut

Optimismus kann ein starker Antrieb sein. Doch wie alles im Leben braucht auch er Balance. Der Satz „Du musst nur das Positive sehen“ kann – gerade in Krisenzeiten – einen enormen Druck erzeugen. Die Vorstellung, immer glücklich sein zu müssen, ist nicht nur unrealistisch, sondern auch zwanghaft. Sie erzeugt ein verzerrtes Bild von emotionaler Gesundheit und macht es schwer, authentisch mit den eigenen Gefühlen umzugehen.

Die Autorin und Therapeutin Whitney Goodman erklärt, dass Toxic Positivity nicht nur mentale Gesundheit gefährdet, sondern auch Beziehungen belastet. Wenn wir ständig nur das „Schöne“ teilen, verlieren wir den Zugang zu echter Verbindung – zu uns selbst und zu anderen. Der Satz „Good Vibes Only“ wird so zur gefährlichen Floskel, die uns daran hindert, das gesamte Spektrum unserer Gefühle anzunehmen.

Eine neue Narrative: Gefühle zulassen, statt unterdrücken

Es ist an der Zeit für eine neue Narrative: Eine, die Raum für Echtheit lässt. Statt negative Emotionen zu ignorieren, sollten wir sie bewusst wahrnehmen. Statt positive Gedanken über alles zu legen, dürfen wir unsere eigenen Gefühle ernst nehmen – auch wenn sie schmerzhaft sind.

Achtsamkeit bedeutet nicht, alles schönzureden, sondern im Moment präsent zu sein – mit allem, was da ist. Und genau das kann unglaublich konstruktiv und heilsam sein. Es geht nicht darum, den Optimismus abzulehnen, sondern ihn zu hinterfragen, wenn er zur Maske wird.

Fazit: Wenn du dich vom Ideal des immer glücklich sein zu müssen befreist, kann das sehr befreiend wirken. Es bringt dich raus aus der Goodvibesonly-Falle und hilft dir, dich selbst in all deinen Facetten zu akzeptieren. Denn wahre Selflove beginnt dort, wo wir aufhören, uns selbst durch ständige Positivität zu bewerten – und anfangen, einfach echt zu sein.